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Verschlechtert ein Rauchstopp die Diabeteseinstellung?

16.12.2015 Rauchen steigert das Risiko für das Auftreten eine Typ-2-Diabetes drastisch und dosisabhängig: je mehr geraucht wird, desto höher ist das Risiko. Eine Studie legt nun nahe, dass ein Rauchstopp die Diabeteseinstellung vorübergehend verschlechtert.

Prospektive Studien zeigen, dass nach der Beendigung des Rauchens das Risiko für Typ-2-Diabetes in den ersten Jahren deutlich höher ist als bei Nichtrauchern, dann abfällt und sich erst nach 10-20 Jahren an das Risiko von Nie-Rauchern angleicht. Für die anfängliche Erhöhung des Diabetesrisikos nach einem Rauchstopp wurde zum Teil der Gewichtsanstieg von durchschnittlich 5 kg verantwortlich gemacht.

In einer retrospektiven Kohorten-Studie wurde nun anhand einer Datenbasis aus britischen Hausarztpraxen untersucht, wie sich ein Rauchstopp auf die glykämische Kontrolle vonMenschen mit Typ-2-Diabetes auswirkt. Von den 10.692 in die Studie eingeschlossenen Rauchern mit Typ-2-Diabetes hörten 3.131 (29 %) mit dem Rauchen auf und blieben mindestens ein Jahr lang abstinent. Im ersten Jahr nach dem Rauchstopp stieg der HbA1c um 0,21 % an. Bei fortlaufendem Verzicht auf Zigaretten nahm der HbA1c wieder ab und erreichte nach drei Jahren einen Wert wie bei denjenigen, die durchgängig weitergeraucht hatten. Studienteilnehmer, die mehr als 1 Jahr abstinent blieben, nahmen im Durchschnitt um 4,7 kg zu. Die Autoren empfehlen auf der Basis ihrer Daten, dass Ärzte zunächst den Diabetes besser einstellen sollten, bevor sie empfehlen, das Zigarettenrauchen einzustellen.

Kommentar: Rauchen ist gesundheitsschädlich und mit einer erhöhten Sterberate verbunden, deren Ursachen über die etablierten und bekannten Risikofaktoren wie z.B. kardiovaskuläre Erkrankungen, chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD), Lungenentzündung und Lungenkarzinom weit hinausgehen. Rauchen und Diabetes mellitus gehören zweifelsfrei zu den wesentlichen kardiovaskulären Risikofaktoren. Nach den Daten der nordamerikanischen MRFIT-Studie steigert das Vorhandensein eines Diabetes die kardiovaskuläre Mortalität bei Rauchern um das Zwei- bis Dreifache. Umso besorgniserregender ist die Tatsache, dass das Risiko für das Auftreten eines Diabetes durch Rauchen um 44% gesteigert wird. Vor diesem Hintergrund muss die hier referierte Arbeit relativiert werden.

Die hier referierte Arbeit legt nahe, dass Nikotinabstinenz bei Menschen mit Typ-2-Diabetes vorübergehend die Blutzuckereinstellung verschlechtert, weil der HbA1c-Wert im ersten Jahr nach Beendigung des Rauchens um durchschnittlich 0,21% anstieg. Es handelt sich aber um eine retrospektive epidemiologische Kohorten-Studie, die zahlreiche Schwachpunkte aufweist. Kausale Beziehungen sind davon nicht abzuleiten. Der in diesem Artikel gegebene Hinweis, dass die Ärzte abwarten und vor der Empfehlung des Rauchstopps den Diabetes gut einstellen sollten, geht an der Realität vorbei. Rauchstopp führt nämlich zu einer rasch einsetzenden Verbesserung des Gesundheitszustandes, der Fitness sowie der pulmonalen und kardiovaskulären Risiken. Diese überwiegen bei weitem den allenfalls marginalen Effekt eines vorübergehenden Anstiegs des HbA1c-Werts um 0,21%.

Autor: Prof. Dr. med. W.A. Scherbaum, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Universitätsklinikum Düsseldorf, Moorenstr. 5, 40225 Düsseldorf

 

Quelle: Lycett D, et al: The association between smoking cessation and glycaemic control in patients with type 2 diabetes: a THIN database cohort study. Lancet Diabetes Endocrinology2015 Jun;3(6):423-30.


 

Siehe auch:

Aufhören mit dem Rauchen: Vorteile überwiegen die Gewichtszunahme
Aufhören mit dem Rauchen beseitigt Nierenschaden bei Typ-2-Diabetes

 


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