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Blutzuckereinstellung bei älteren Menschen – wie scharf?

22.11.2011 Es gibt zunehmend Hinweise darauf, dass seine zu scharfe Blutzuckereinstellung bei älteren Menschen zu einer erhöhten Zahl von Komplikationen und sogar Todesfällen führt. Dieses Problem wurde nun in einer großen Studie in den USA näher untersucht.

Um die Beziehungen zwischen dem Blutzuckergedächtniswert HbA1c und dem Risiko für Komplikationen des Diabetes und möglichen Todesfällen näher zu untersuchen, wurden die Daten einer großen Krankenversicherung in Kalifornien (USA) aus den Jahren 2004 – 2008 analysiert. Es wurden ausschließlich Versicherte im Alter von 60 Jahren und darüber betrachtet. Das mittlere Alter dieser Kohorte betrug 71 Jahre; fast 15% der Fälle waren jedoch über 80 Jahre alt. Der mittlere HbA1c- Wert der Kohorte betrug 7,0%. Dabei gab es eine weite Streuung: 15% hatten einen HbA1c- Wert von unter 6,0%, bei 60% lag er unter 7% und 6,5% hatten einen HbA1c- Wert von über 9%. Etwa die Hälfte der Fälle wurde mit Sulfonylharnstoffen, ein Drittel mit Metformin und jeder Fünfte mit Insulin behandelt. Die mittlere Beobachtungsdauer betrug 3,1 Jahre.

Ergebnisse: Ab einem HbA1c- Wert von 6,0% stieg die Rate von Diabetes-bedingten Komplikationen an Augen, Nieren, Herz und Gehirn ständig an. Wurde aber die Rate von Todesfällen hinzuzählt, so war erst ab einem HbA1c-Wert von über 8% das Risiko erhöht. Bei Menschen im Alter von über 80 Jahren war das mittlere Risiko sogar erst ab einem HbA1c – Wert von 9,0% erhöht.

Schlussfolgerung der Autoren: Bei älteren Menschen sollte der HbA1c- Zielwert auf unter 8,0% eingestellt werden. Eine Einstellung auf Werte unter 6,0% sollte jedoch in der Regel vermieden werden.

Kommentar: Es handelt sich hier um eine rückwirkende Untersuchung von Krankenkassendaten, so dass die Interpretation nur für die generelle Situation, nicht jedoch für den Einzelfall gültig ist. Wichtig ist jedoch die Feststellung, dass ein zu hoher HbA1c- Wert auch im höheren Lebensalter mit vermehrten Komplikationen verbunden ist und das es außerdem einen unteren Grenzbereich gibt, der mit mehr Komplikationen verbunden ist.

Im höheren Lebensalter ist die erlaubte Obergrenze für den HbA1c-Wert höher, als bei jüngeren Menschen. Bei der Analyse des Risikopotentials ist jedoch auch die Art der Blutzucker-senkenden Therapie zu berücksichtigen, insbesondere da zum Beispiel Insulin und Sulfonylharnstoffe mit einem erhöhten Risiko für gefährliche Hypoglykämien (Unterzuckerungen) verbunden sind.

Autor: Prof. Dr. med. W.A. Scherbaum, Direktor der Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Rheumatologie, Universitätsklinikum Düsseldorf, Moorenstr. 5, 40225 Düsseldorf

Quelle: E.S. Huang et al.: Glycemic control, complications, and death in older diabetic patients. Diabetes Care, published online April 19, 2011.

 

Siehe auch:

Hypoglykämien bei Diabetes-Patienten im Krankenhaus?
Wie gefährlich ist eine Unterzuckerung bei Diabetes?

 


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