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Welcher Muttermilchersatz verhindert einen Diabetes?

03.12.2010 Es gibt zahlreiche Hinweise darauf, dass eine Ernährung des Säuglings durch Kuhmilch bei gefährdeten Personen die spätere Entwicklung des insulinpflichtigen Typ 1 Diabetes fördert. Durch welchen Muttermilchersatz kann dies verhindert werden?

In Finnland kommt der Typ 1 Diabetes besonders häufig vor. Während in Deutschland bis zum 15. Lebensjahr etwa 20 Personen/100.000 Einwohner einen Diabetes bekommen, sind dies in Finnland mehr als 60/100.000. Dem Diabetes geht ein Auftreten von Diabetes-spezifischen Autoantikörpern im Serum der Betroffenen um Jahre voraus. Die Gruppe um Michael Knip und Hans Akerblom von der Universität Helsinki untersuchten in einer multizentrischen Studie mit 15 Kliniken in Finnland, ob durch einen Ersatz der Kuhmilch durch eine hydrolisierte Milch das Auftreten von Typ 1-spezifischen Antikörpern gehemmt werden kann.

Untersucht wurden 230 Neugeborene, die alle einen oder mehrere Verwandte ersten Grades mit Typ 1 Diabetes hatten und die zusätzlich die für den Typ 1 Diabetes typischen Risikogene aufwiesen. Wenn die Mutter innerhalb der ersten 6 bis 8 Monate zufütterte oder das Stillen aufgab, so wurden die Kinder entweder einer Gruppe mit einer hydrolisierten Casein-Formulakost (Studiengruppe) oder einer konventionellen Formulierung auf Kuhmilch-Basis (Kontrollgruppe) zugeordnet. Das Auftreten von Autoantikörpern (Insulin-Autoantikörper, GAD-Antikörper, IA-2-Antikörper, AK gegen den Zinktransporter 8 und zytoplasmatische Inselzell-AK) wurde dann über 10 Jahre hinweg beobachtet.

Im Laufe von 10 Jahren entwickelte sich bei 17% der Säuglinge mit hydrolisierter Formulakost mindestens ein Diabetes-spezifischer Antikörper, während in der Kontrollgruppe 30% der Kinder Antikörper entwickelten. Ein Diabetes entwickelte sich bei 7 der 113 Kinder (6%) in der Gruppe mit hydrolisierter Kost und bei 9 der 117 Kinder (8%) in der mit Kuhmilch ernährten Gruppe. Zuerst traten meist Insulin-Autoantikörper oder zytoplasmatische Inselzellantikörper auf. Das früheste Alter, in dem Antikörper auftraten, war mit 6 Monaten.

Kommentar: Ein Muttermilchersatz mit einer Kuhmilch-basierten Kost scheint das Auftreten einer Autoimmunreaktion gegen Insulin-produzierende Zellen zu fördern. Eine hydrolysierte Casein - Formulakost dagegen scheint das Auftreten der Antikörper zu bremsen. Möglicherweise hängt dies mit einer Immunreaktion des Darmes auf die komplexen Fremdeiweiße der Kuhmilch zusammen. Die Studie zeigt, dass mit einer geeigneten Kost im frühen Kleinkindalter möglicherweise das Auftreten des Diabetes bei Risikopersonen reduziert werden kann.

In dieser Studie wurden nur Kinder mit einem hohen Risiko für Typ 1 Diabetes untersucht. Mehr als 90% der Fälle von Typ 1 Diabetes treten jedoch sporadisch auf, d.h. ohne Verwandte ersten Grades mit dieser Erkrankung. Daher könnten die hier vorgelegten Daten eine noch größere Bedeutung haben.

Eine große Rolle für das Auftreten des Typ 1 Diabetes spielen auch die individuellen Gene und die Umweltfaktoren. Die Art der verantwortlichen Umweltfaktoren (z.B. Ernährungsfaktoren, Viren) ist bisher jedoch nicht genau bekannt.

Quellen:  M. Knip et al.: Dietary Intervention in Infancy and Later Signs of Beta-Cell Autoimmunity. NEJM 2010; 363: 1900-19008.

D.M. Harlan, M.M. Lee: Infant Formula, Autoimmune Triggers, and Type 1 Diabetes. NEJM 2010; 363: 1961-1963.

 

Siehe auch:

Typ 1 Diabetes bei Kleinkindern nimmt zu?
Antikörpertherapie zum Schutz der Betazellen beim Typ 1-Diabetes

 

Diabetes Editorial
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