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Expertenkommentar

zum Beitrag  „Insulinproduzierende Zellen durch Reprogrammierung: Ein Blick in die Zukunft“ vom 23. Januar 2009

Unser Experte:
Herr Prof. Dr. med. Werner Scherbaum

Scherbaum

 

Ein großer Schritt in Richtung Heilung des Typ 1 Diabetes

Die Wiederherstellung der Masse Insulin-produzierender Zellen des Pankreas (Betazellen) ist der aussichtsreichste Therapieansatz zur Heilung des Typ 1 Diabetes, bei dem der Großteil der Betazellen zerstört ist. Dagegen wird eine Transplantation von Betazellen fremder Spender immer mit dem Problem der geringen Verfügbarkeit von Spenderzellen und mit dem Problem der möglichen Abstoßungsreaktion behaftet bleiben. Die von Zhou und seiner Gruppe publizierte Methode der Umprogrammierung von Azinuszellen in Betazellen ist in vielfacher Hinsicht wegweisend: Azinuszellen, die ja die Hauptmasse des Pankreas ausmachen, sind normalerweise mit der Produktion von Verdauungsenzymen beschäftigt. Azinuszellen, sind beim Typ 1 und Typ 2 Diabetes in normaler Zahl vorhanden. Im Gegensatz zu vielen anderen Ansätzen der Stammzelltherapie können Azinuszellen durch die von Zhou und Kollegen verabreichten Transkriptionsfaktoren direkt in Betazellen umprogrammiert werden und müssen also nicht in pluripotente Stammzellen rückverwandelt werden, die sich in viele andere Gewebe entwickeln können. Die umprogrammierten Zellen sind reine Betazellen und enthalten keine Glukagon-, Somatostatin- oder Pankreatisches Polypeptid-produzierende Zellen, wie man sie sonst noch in den Pankreasinseln vorfindet. Diese reinen Betazellen haben den vollen Besatz an Rezeptoren und Signalproteinen für die Aufnahme des Blutzuckersignals (Sensor) und die komplizierte Maschinerie, die zur Umsetzung in die Insulinproduktion und Insulinsekretion durch die Betazelle erforderlich ist.

Diese Betazellen produzieren auch den Gefäßwachstumsfaktor VEGF, was dazu führt, dass sich in der Nachbarschaft der Zellen neue Gefäße bilden. Nach der Umprogrammierung der Azinuszellen in Betazellen ist offenbar die Aufgabe der Transkriptionsfaktoren erledigt und sie werden nicht weiter für die Aufrechterhaltung der Insulinsekretion gebraucht.

Leider müssen diese offenbar unschädlichen Transkriptionsfaktoren nach dem hier beschriebenen Modell noch mit Viren in die Zellen eingeschleust werden. Derzeit sind große Anstrengungen im Gange, diesen Einschleusungsprozess durch andere und sicher unschädliche Vehikel zu bewerkstelligen. Ein anderer Weg wäre auch die Umprogrammierung von Azinuszellen zu Betazellen im Reagenzglas zu erreichen und diese neu hergestellten körpereigenen Betazellen dann in einer kontrollierten Weise und in der gewünschten Zahl in den Körper zu implantieren, wie dies sonst bei einer Inselzelltransplantation geschieht, nur ohne die Notwendigkeit für eine Unterdrückung des Immunsystems (Immunsuppression).

Dies wäre das Fernziel, nämlich die Heilung des Typ 1 Diabetes durch Ersatz der Insulin-produzierenden Zellen durch umprogrammierte körpereigene Zellen. Die hier vorgestellte Arbeit ist ein großer Schritt in diese Richtung.

 

Herr Prof. Dr. med. Werner Scherbaum ist Direktor der Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Rheumatologie, National WHO Collaborating Center for Diabetes, European Training Center in Endocrinology and Metabolism, Universitätsklinikum Düsseldorf  sowie Vorsitzender der Kommission Leitlinien der Deutschen Diabetes-Gesellschaft.

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