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Künstliche Bauchspeicheldrüse: Nano-Netzwerk regelt den Blutzucker bei Diabetes bis zu 10 Tage lang

03.09.2013 Eine wegweisende Neuentwicklung aus den USA mit einer selbstregulierten Blutzuckereinstellung über ein Nano-Netzwerk weckt große Hoffnungen für die Behandlung des Diabetes.

Die Herausforderung bei der Insulinbehandlung des Diabetes ist die Notwendigkeit, die Dosis jeweils genau an den aktuellen Bedarf anzupassen. Der gesunde Körper regelt dies mit einem Glukose-Sensor, der in allen (insulinproduzierenden) Betazellen vorhanden ist. Dieser Sensor misst kontinuierlich den aktuellen Glukosespiegel im Blut und die Zelle schüttet entsprechend viel oder wenig Insulin aus. Es handelt sich hier also um einen geschlossenen Regelkreis („closed loop“).

Wissenschaftler aus dem Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Boston (USA) haben nun ein neuartiges System entwickelt, das die o.g. Funktion des Glukose-Sensors mit Kopplung an die Insulinausschüttung nachahmt. Dieses wurde zusammen mit Kollegen aus der University of North Carolina und dem Children’s Hospital Boston erprobt.

Das System der Glukose-regulierten Insulinausschüttung besteht aus insulinbeladenen Nanopartikeln und Glukose-abhängigen Enzymen, die in ein polymeres poröses Netzwerk mit Alginat eingebunden sind. Bei Kontakt mit Glukose kommt es durch eine katalytische Umsetzung des Zuckers in Glucuronsäure zu einer Dosis-abhängigen, durch diese Säure ausgelösten Freisetzung von Insulin aus dem Netzwerk. Dieses Nano-Netzwerk wurde zunächst im „Reagenzglas“ erprobt und dann Tieren an mehreren Stellen unter die Haut gespritzt um dort seine Wirkung zu entfalten. Bei Untersuchung an insulinpflichtigen Mäusen zeigte sich, dass damit der Blutzucker über bis zu 10 Tage hinweg exakt innerhalb des Normalbereichs gesteuert werden kann.

Kommentar: Die meisten bisherigen Strategien zur Etablierung eines „closed loop“ Systems für die therapeutische Blutzuckereinstellung verbinden ein kontinuierliches Blutzuckermesssystem (CGM) mit einer externen Insulininfusionspumpe oder einer implantierbaren Pumpe. Diese Systeme können aber die Insulinfreigabe nicht so exakt an- und insbesondere auch abschalten, wie dies im täglichen Leben erforderlich ist.

Der hier gewählte Ansatz mit der Entwicklung von polymeren Biomaterialien und einem chemisch kontrollierten geschlossenen Regelkreis der Insulinfreisetzung ist vielversprechend, zumal Messsystem und Sekretionssystem in einer Einheit integriert sind und damit der Blutzucker „automatisch“ gesteuert wird. Bis zur Anwendung eines solchen Systems beim Menschen ist allerdings noch ein weiter Weg zu beschreiten. Insbesondere müssen die Gewebsverträglichkeit und allgemeine Verträglichkeit des Systems genau untersucht werden, zumal es sie hierbei ja um eine langfristige Therapie handelt.

Autor: Prof. Dr. med. W.A. Scherbaum, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Universitätsklinikum Düsseldorf, Moorenstr. 5, 40225 Düsseldorf

Quelle: Zhen Gu et al: Injectable Nano-Network for Glucose-Mediated Insulin Delivery. ACS Nano 2013, 7 (No.5): 4194-4201

 

Siehe auch:

Kontinuierliche Blutzuckermessung für schwangere Frauen mit Diabetes
Vermeidung nächtlicher Unterzuckerungen mit der künstlichen Bauchspeicheldrüse



Diabetes Editorial
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