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Aspirin zur Prävention von Herzinfarkt und Schlaganfall bei Diabetes? Die neue Leitlinie

04.02.2011 Bis vor kurzem wurde empfohlen, alle Patienten mit Typ 2 Diabetes mit Aspirin® zu behandeln, um Herzinfarkten und Schlaganfällen vorzubeugen. Nach neuen Daten ist Aspirin® aber nur noch für bestimmte Patienten-Gruppen zu empfehlen.

Zwei im Jahr 2008 publizierte Studien und eine Metaanalyse aus 2009 zeigten keinen signifikanten Vorteil einer Aspirin-Therapie bezüglich der Vermeidung kardiovaskulärer Ereignisse, jedoch eine erhöhte Blutungsrate unter Aspirin. Zur Veranschaulichung: Es müssen rund 1.000 Diabetes-Patienten über 1 Jahr mit Aspirin behandelt werden, um bei einem Patienten einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu verhindern. Gleichzeitig treten unter 1.000 mit Aspirin behandelten Patienten pro Jahr 1 bis 2 große Blutungen auf. Vorteil und Risiko halten sich also die Waage. Insbesondere überwiegt bei älteren Patienten das Blutungsrisiko.

Die großen amerikanischen Diabetologie- und Kardiologie-Fachgesellschaften haben daraufhin eine neue Behandlungsleitlinie erstellt, die sicher auch in Deutschland Beachtung finden wird. Folgende Personen mit Diabetes sollen laut dieser neuen Leitlinie zur Primärprävention kardiovaskulärer Ereignisse mit Aspirin behandelt werden: Männer im Alter über 50 und Frauen über 60, die einen oder mehrere Risikofaktoren haben. Solche Risikofaktoren sind Rauchen, Fettstoffwechselstörung, Bluthochdruck, eine Familiengeschichte mit Herzinfarkt, kardiovaskulären Todesfällen oder Schlaganfall sowie Albuminurie (vermehrte Albumin-Ausscheidung im Urin). Wenn allerdings bei solchen Patienten gleichzeitig ein hohes Blutungsrisiko vorliegt, so wird Aspirin nicht empfohlen. Bei Patienten mit einem mittleren Risiko sollte die Gabe von Aspirin sorgfältig bedacht werden.

Kommentar: Die oben genannten Empfehlungen betreffen nur die Primärprävention. Bei Patienten, die z. B. schon einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall durchgemacht haben, ist die Behandlung mit Blutplättchenhemmern oder auch Marcumar® in der Regel angezeigt, um ein weiteres Ereignis zu verhindern.

Die neuen amerikanischen Leitlinien-Empfehlungen verdeutlichen, dass der Diabetes mellitus nicht zwingend wie eine koronare Herzkrankheit behandelt werden muss. Es ist anzunehmen, dass diese Empfehlungen auch in die Behandlungsleitlinien der Deutschen Fachgesellschaften eingehen werden.

Autor: Prof. Dr. med. W.A. Scherbaum, Direktor der Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Rheumatologie, Universitätsklinikum Düsseldorf, Moorenstr. 5, 40225 Düsseldorf

Quellen:
Pignone M., et al.: Aspirin for Primary Prevention of Cardiovascular Events in People With Diabetes
A Position Statement of the American Diabetes Association, a Scientific Statement of the American Heart Association, and an Expert Consensus Document of the American College of Cardiology Foundation
Circulation 121:2694-2701, 2010

Ogawa H. et al, Low-dose Aspirin for Primary Prevention of atherosclerotic Events in Patients with Type 2 diabetes: A randomized controlled trial. JAMA 300: 2134-41, 2008

Belch J. et al: The Prevention of progression of arterial disease and diabetes (POPADAD) trial: Factorial randomised Placebo-controlled trial of Aspirin and antioxidants in patients with Diabetes and Asymptomatic peripheral arterial disease BMJ 337: a1840, 2008

Calvin AD. et al: Aspirin for the primary prevention of cardiovascular events: a systematic review and meta-analysis comparing patients with an without diabetes. Diabetes Care 32:2300-6, 2009.

 

Siehe auch:

Ist eine Aspirintherapie bei Diabetes sinnvoll?
Aspirin-Therapie bei Diabetes umstritten

 


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