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    Neue Möglichkeiten zur Behandlung des Typ 2 Diabetes mit Tabletten
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    Neue Möglichkeiten zur Behandlung des Typ 2 Diabetes mit Tabletten

    Etwa 80 - 90 % aller Menschen mit Diabetes weisen einen Typ 2-Diabetes mit Übergewicht auf und können, wenn nicht-medikamentöse Maßnahmen wie Diabetes-gerechte Kost ("Diät") - in erster Linie zur Erreichung einer Gewichtsabnahme - und körperliche Bewegung nicht ausreichen, mit Blutzucker-senkenden Tabletten behandelt werden.

    Prof. Dr. med. Helmut 
Schatz
    Prof. Dr. med. Helmut
    Schatz, emeritierter
    Direktor der Med. Klinik
    und Poliklinik Bergmanns
    -heil, jetzt niedergelasse-
    ner Internist in Bochum.

    Hier ein Überblick über diesen Beitrag:

           

    Behandlungsansätze bei Typ 2-Diabetes

    Etwa 80 - 90 % aller Menschen mit Diabetes weisen einen Typ 2-Diabetes mit Übergewicht auf und können, wenn nicht-medikamentöse Maßnahmen wie Diabetes-gerechte Kost ("Diät") - in erster Linie zur Erreichung einer Gewichtsabnahme - und körperliche Bewegung nicht ausreichen, mit Blutzucker-senkenden Tabletten behandelt werden. Eine Insulingabe wird hier erst zu einem späteren Zeitpunkt nötig.
    Da der Typ 2-Diabetes eine "duale" Erkrankung ist, d.h. zwei Ursachen hat, nämlich eine angeborene Insulinresistenz und eine angeborene Schwäche der Beta-Zellen zur raschen Abgabe von Insulin, kann man an beiden Punkten der Krankheitsentstehung ansetzen.
    Im Jahre 2000 wurden in Deutschland erstmals Tabletten zugelassen, welche die herabgesetzte Insulin-Empfindlichkeit der Körperzellen direkt erhöhen, d.h. die Insulinresistenz durchbrechen. Auf der anderen Seite sind, zusätzlich zu den bisher schon verwendeten, die Insulinsekretion anregenden Substanzen, neue Medikamente verfügbar geworden, welche Insulin sehr rasch und nur kurzdauernd freisetzen.

    Erhöhung der Insulin-Empfindlichkeit durch sogenannte "Insulinsensitizer"

    Die fundamentale Störung beim Typ 2-Diabetes, die Insulinresistenz, ist einerseits angeboren, andererseits kann sie im Laufe des Lebens noch zusätzlich durch Übergewicht und Bewegungsmangel verstärkt werden.
    Mit der Gruppe der Thiazolidindione sind jetzt erstmals Substanzen verfügbar, welche die Insulinresistenz durchbrechen. Während die erste Substanz, die in den USA und in Japan erhältlich war, das Troglitazone, wegen seltener Leberzwischenfälle wieder vom Markt genommen wurde, ist dort jetzt die "2. Generation" dieser Präparategruppe breit im Einsatz. Auch in Deutschland ist sie jetzt zur Kombinnationbehandlung des Typ 2-Diabetes zugelassen worden, und zwar dann, wenn man mit den bisherigen Blutzucker-senkenden Tabletten allein den Stoffwechsel nicht mehr ausgleichen kann.
    Nach allen bisherigen Erkenntnissen besteht für die 2. Generation der Thiazolidindione kein erhöhtes Risiko für die Leber. Die Thiazolidindione greifen in den Zellkernen der Fett-, Muskel- und Leberzellen an, an einem Kernrezeptor, dem "Peroxisomen-Proliferator-aktivierten Rezeptor (PPAR) gamma", und verstärken das verminderte Insulinsignal. Dadurch werden unter anderem Eiweißmoleküle, sogenannte "Glukosetransporter" verstärkt gebildet und an die Oberfläche dieser Zellen gebracht, welche dann den Zucker aus dem Blutstrom in das Zellinnere hinein transportieren. Der Blutzucker sinkt ab und die Körperzellen können wieder ihre normalen Funktionen ausüben.
    Das in Deutschland seit Juli 2000 verfügbare Präparat ist das Rosiglitazone, Handelsname Avandia, der Firma Glaxo SmithKline. Seit November 2000 ist auch das Pioglitazone (Handelsname Actos, Firma Takeda) zugelassen. Während beide Präparate in den USA auch zur alleinigen Behandlung der Zuckerkrankheit, zur sogenannten Monotherapie, zugelassen sind, ist dies in Deutschland und Europa zur Zeit nicht der Fall. Sie können in den Ländern der Europäischen Union dann zusätzlich gegeben werden, wenn mit Sulfonylharnstoffpräparaten oder mit dem Biguanid Metformin (siehe unten) der Stoffwechsel nicht ausreichend eingestellt werden kann.
    Die Kombination mit Insulin wie in den USA möglich, ist in Deutschland nicht zugelassen, wegen noch nicht ganz auszuschließender Auswirkungen auf die Herzleistung. Diesbezügliche Untersuchungen laufen noch.

    Rasche Anregung der Insulinfreisetzung durch Glinide

    Der andere fundamentale Defekt beim Typ 2-Diabetes ist die gestörte Insulinsekretion, anfänglich vor allem in der Frühphase. Diese Störung der Insulinfreisetzung läßt sich bei erblich belasteten Personen auch schon dann nachweisen, wenn noch gar keine Zuckerstoffwechselstörung besteht.
    Während die bisherigen, die Insulinsekretion anregenden Substanzen, die Sulfonylharnstoffe, in der Regel doch länger bis lang wirken, sind jetzt Substanzen verfügbar, sogenannte "Glinide", welche sehr rasch und kurz Insulin freisetzen, somit den Blutzuckeranstieg nach dem Essen verringern, welcher nach neuen Erkenntnissen für die Gefäße besonders schädlich ist: "Jeder Blutzuckeranstieg ist ein Keulenschlag für die Gefäßinnenwand".Diese neuen, "insulinotropen" Substanzen sind chemisch keine Sulfonylharnstoffe.
    Das erste Präparat auf dem deutschen Markt war das Repaglinide, ein Benzoesäure-Abkömmling, Handelsname NovoNorm, vertrieben von der Firma Novo Nordisk. Das Präparat ist jedesmal vor einer Mahlzeit einzunehmen, setzt dann kurz Insulin frei und die Wirkung klingt wieder rasch ab. Dies ermöglicht eine Flexibilität bei der Einnahme von Mahlzeiten. Will oder kann man nicht essen, läßt man einfach auch die jeweilige Tablette weg und es kommt zu weniger Unterzuckerungen. Insbesondere nehmen die nächtlichen Unterzuckerungen bei dieser Form der Behandlung ab.
    Seit dem Jahre 2001 ist ein weiteres Präparat auf dem deutschen Markt , das noch rascher wirkt, das Nateglinide (Handelsname Starlix, Firma Novartis und Merck). Es leitet sich von einer rechtsdrehenden Aminosäure, dem D-Phenylalanin ab. Nateglinid ist in Kombination mit dem Biguanid Metformin (siehe unten) zugelassen.

    Bisherige verfügbare Präparate

    Unter den die Insulinsekretion anregenden Sulfonylharnstoffen zeichnet sich als neueres Präparat das Glimepirid (Handelsname Amaryl, Firma Aventis) durch seine Einmalgabe aus. Nach den bisherigen Erfahrungen führt es auch zu etwas weniger Unterzuckerungen, welche gerade bei Glibenclamid (Handelsname Euglucon (Aventis) und andere) bei unsachgemäßem Gebrauch häufiger beobachtet wurden. Es ist aber keineswegs so, daß man die älteren Sulfonylharnstoffpräparate nicht mehr verwenden dürfte.
    Eine "Renaissance" erlebt gegenwärtig das Biguanid-Präparat Metformin , vor allem durch die "UKPDS", eine britische Langzeitstudie, welche bei übergewichtigen Typ 2-Diabetikern besonders gute Ergebnisse bezüglich der Vermeidung des Herzinfarktes und weiterer Diabetes-Komplikationen mit Metformin erbracht hatte.
    Schließlich stehen auch noch die Alphaglucosidase-Hemmer Acarbose (Handelsname Glucobay, Firma Bayer) und Miglitol (Handelsname Diastabol, Firma Sanofi-Synthelabo) zur Verfügung, welche, falls sie vom Patienten im Darmtrakt gut vertragen werden, auch eine Absenkung des Blutzuckers, vor allem der Spitzen nach den Mahlzeiten, bewirken.

    Zusammenfassung

    Heute stehen uns viel mehr Möglichkeiten zur "maßgeschneiderten", differenzierten Therapie des Typ 2-Diabetes zur Verfügung.
    In vielen Fällen werden zur oralen Therapie im Krankheitsverlauf Kombinationen von Tabletten notwendig werden. Keineswegs darf aber die Verwendung von Insulin zu lange hinausgeschoben werden. Mehr als zwei oder allenfalls drei Tabletten miteinander zu kombinieren bringt kaum oder keinen Nutzen mehr.
    Als Faustregel kann man sich merken: Liegen der Nüchternblutzucker über 120 mg/dl/6,7 mmol/l und das HbA1c über 7,0 % bzw. über den individuellen, auch vom Alter abhängigen Zielwerten, so sollte jeweils auf die nächste Therapiestufe gesteigert werden, welche im Falle der bisherigen Verwendung von zwei (oder allenfalls drei) Blutzucker-senkenden Tabletten die Kombinationstherapie eines oralen Antidiabetikums mit Insulin oder die alleinige Insulintherapie bis hin zu einer modifizierten intensivierten konventionellen Insulintherapie mit mehreren Insulininjektionen pro Tag ist.

    Prof. Dr. med. Helmut Schatz; Direktor der Med. Klinik und Poliklinik Bergmannsheil, Bochum

    Erstellt: November 2001

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