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Schwerpunkt: Endokrinologie / Diabetologie
Diabetes insipidus
Definition
Beim Diabetes insipidus handelt es sich um eine vermehrte Ausscheidung (Polyurie) eines unzureichend konzentrierten Urins (Asthenurie). Erst in Folge dieser Polyurie kommt es zur Polydipsie. Der Grenzwert ist 3 Liter pro Tag.
Formen des Diabetes insipidus
Diabetes insipidus centralis: Synonyme sind neurogener Diabetes insipidus, kranieller Diabetes insipidus und Vasopressin-empfindlicher Diabetes insipidus. Ursache ist eine Verminderung oder ein Fehlen des im Hypothalamus gebildeten und vom Hypophysenhinterlappen bei Bedarf ausgeschütteten Hormons Vasopressin.
Diabetes insipidus renalis: Synonyme sind Vasopressin-resistenter Diabetes insipidus oder nephrogener Diabetes insipidus. Ursache ist ein fehlendes Ansprechen des Erfolgsorgans Niere auf die Wirkung von Vasopressin.
Sowohl der Diabetes insipidus centralis als auch der Diabetes insipidus renalis können vererbt sein oder durch verschiedene Krankheiten im Laufe des Lebens entstehen.
Mögliche Ursachen des erworbenen zentralen Diabetes insipidus
Sarkoidose
Histiozytosis X
Tuberkulose
Lues
Leukämische Infiltrate
Metastasierendes Bronchialkarzinom oder Mamma-Karzinom
Basale Meningitis
Enzephalitis
Schädelbasis-Frakturen
Hypophysentumoren, insbesondere mit suprasellärer Ausdehnung
Aneurysma
Kraniopharyngiom
Pinealom
Dysgerminom
Supraselläre Zysten
Hämorrhagie
Zerebrale Thrombose
Infundibulo-Neurohypophysitis
Autoimmune Hypothalamitis
Symptomatik
Im Vordergrund steht der Durst in Folge der Polyurie. Dies wird ab einer Urinmenge von 3 Liter pro Tag als lästig empfunden und ab 4 Liter pro Tag behandlungsbedürftig. Beim zentralen Diabetes insipidus können bis zu 20 Liter Flüssigkeit pro Tag im Urin ausgeschieden werden. Beim renalen Diabetes insipidus sind noch höhere Flüssigkeitsverluste im Urin möglich. Charakteristisch ist das zwanghafte Trinken, auch in den Nachtstunden.
Diagnostik des Diabetes insipidus
Ermittlung der täglichen Urinmenge. Eine Polyurie liegt vor, wenn die Urinausscheidung bei einer Trinkmenge ad libitum mehr als 30 ml pro kg Körpergewicht pro Tag beträgt.
Als Goldstandard für die Diagnosestellung eines Diabetes insipidus gilt der Durstversuch. Durch einen verkürzten Durstversuch kann ein Diabetes insipidus bei Urinmengen von 6-8 Liter pro Tag ausgeschlossen werden. Dieser verkürzte Durstversuch lässt sich unter ambulanten Bedingungen durchführen, ist jedoch streng zu standardisieren. Ein Anstieg der Urin-Osmolalität auf über 750 mosmol/L bei einer Plasma-Osmolalität unterhalb der Normgrenze von 295 mosmol/l schließt einen Diabetes insipidus aus.
Der komplette Durstversuch darf nur unter stationären Bedingungen erfolgen und sollte unbedingt in einem spezialisierten endokrinologischen Zentrum durchgeführt werden. Beim kompletten Diabetes insipidus nimmt der Urinfluss im Durstversuch über die ersten Stunden kaum ab und die Urin-Osmolalität steigt nicht an. Beim zentralen Diabetes insipidus steigt die Urin-Osmolalität nach Verabreichung von Vasopressin am Ende des Durstversuchs stark an, während sie beim renalen Diabetes insipidus nach Vasopressingabe unverändert tief bleibt.
Entscheidend beim Diabetes insipidus ist die Abklärung der zugrundeliegenden Ursache.
Therapie des Diabetes insipidus
Symptomatische Therapie beim zentralen Diabetes insipidus: Verabreichung von DDAVP (1-Desamino-D-Arginin-Vasopressin), entweder als Nasenspray oder als Nasentropfen oder als Tabletten (Minirin). Die Dosis wird so eingestellt, dass eine tägliche Urinmenge von 1,5-2 Liter ausgeschieden wird. Bei richtiger Diagnose gibt es dazu keine Kontraindikationen. Eine Überdosierung ist aufgrund einer drohenden Hypervolämie gefährlicher als eine Unterdosierung. Eine kausale Therapie der zugrundeliegenden Ursachen des Diabetes insipidus ist anzustreben.
Die Behandlung des renalen Diabetes insipidus richtet sich nach der zugrundeliegenden Ursache. Die symptomatische Behandlung erfolgt durch eine adäquate Flüssigkeitszufuhr zum Ausgleich der Wasserbilanz.
Cave: Abklärung und Therapie eines Diabetes insipidus sollten unbedingt in einem endokrinologischen Zentrum erfolgen.
Autor: Professor Dr. med. W.A. Scherbaum
Direktor der Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Rheumatologie
des Universitätsklinikums Düsseldorf
Für weitere Informationen: scherbaum@uni-duesseldorf.de
Quelle: www.diabes-insipidus.de