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Koronare Herzkrankheit bei Diabetes: Wie wirksam sind Herzkatheter-Eingriffe?

01.10.2009 Patienten mit Typ 2 Diabetes haben häufig auch eine Erkrankung der Herzkranzgefäße (KHK= Koronare Herz Krankheit). In schweren Fällen muss eine koronare Bypass-Operation in Erwägung gezogen werden. Ob und welche Patienten von einer Intervention über den Herzkatheter profitieren, konnte jetzt gezeigt werden.   

Die Ergebnisse der sogenannten  BARI-2D-Studie wurden bei der Jahrestagung der Amerikanischen Diabetes Gesellschaft im Juni 2009 vorgestellt. BARI  2D  (Bypass Angioplasty Revascularization Investigation 2 Diabetes) ist eine Studie, die verschiedene Behandlungsstrategien bei Typ 2 Diabetikern mit koronarer Herzerkrankung (KHK) untersucht hat. An der Studie nahmen 2.368 Patienten mit einer mittleren Diabetesdauer von 10,4 Jahren teil. Der Durchschnitts-HbA1c-Wert zu Studienbeginn lag bei 7,7%.

Die Studienteilnehmer wurden unterschiedlichen Therapiegruppen zugeteilt:

  1. Eine Gruppe erhielt eine frühen operativen Eingriff (Revaskularisation mittels PCI* oder CABG**).
  2. Die andere Gruppe wurde medikamentös behandelt, entweder mit einer „Insulin-Providing“ (Insulin oder Sulfonylharnstoff) oder einer „Insulin-Sensitizing“ (Metformin oder Glitazon) Strategie.

* CABG = Coronary Artery Bypass Graft; konventionelle Bypass-Operation, wurde in der vorliegenden Studie bei weiter fortgeschrittener KHK eingesetzt.
** PCI = Minimal invasive perkutane koronare Intervention, bei der Katheter, Ballons und Stents Anwendung finden.

Die Analyse nach durchschnittlich 5 Jahren Beobachtungsdauer ergab folgende Resultate:

  1. Insgesamt zeigten sich keine wesentlichen Unterschiede bei der Überlebensrate zwischen den einzelnen Therapiemaßnahmen. Diese betrug 88,2% im Vergleich zu 87,9% bei der „Insulin-Sensitizing“ und der „Insulin-Providing“ Strategie (p = 0,89). Der Vergleich zwischen früher Revaskularisation und medikamentöser Therapie zeigte Überlebensraten von 88,3% und 87,8% (p = 0,97).
  2. In der medikamentösen Therapiegruppe wurden unter der „Insulin-Sensitizing“ im Vergleich zur „Insulin-Providing“ Strategie einerseits weniger schwere Unterzuckerungen, eine bessere Einstellung des HbA1c-Wertes (7,0% vs. 7,5%), geringere Gewichtszunahmen und andererseits ein häufigeres Auftreten von Ödemen (Wassereinlagerungen) beobachtet. Interessanterweise gab es keine Unterschiede bei den Häufigkeiten von Herzinsuffizienz oder Knochenbrüchen.

FAZIT der Studie:  Typ 2 Diabetiker profitieren gleichermaßen von einer medikamentösen Diabetestherapie oder einem operativen Eingriff. Die Vorteile der koronaren Intervention überwiegen vermutlich erst bei einer fortgeschrittenen Mehrgefäßerkrankung.

Bei einer weniger schwer ausgeprägten KHK ist die operative Behandlung mittels Herzkathetereingriff (Ballon oder Stent) oder Bypassoperation der reinen medikamentösen Behandlung nicht unbedingt überlegen: Ein klarer Vorteil der Bypassoperation zeigt sich aber bei fortgeschrittener koronarer Herzerkrankung, bei der mehrere Herzkranzgefäße beteiligt sind.

Kommentar:  Beim Diabetes mellitus mit einer KHK sind eine konservative Behandlung der KHK mit Lebensstilmaßnahmen, eine gute Diabetes-Einstellung, die Reduktion des Bluthochdrucks und die Behandlung einer evtl. vorliegenden Fettstoffwechselstörung sehr effektiv.

Offenbar wurden bisher die Erfolge invasiver Maßnahmen zur Behandlung der KHK durch Herzkatheter mit Ballon- Dilatation oder Stent-Einlage an Stenosen überschätzt. Die Entscheidung, ob und wann eine Dilatation mit Ballon oder Stent oder gar eine Bypass-Operation erforderlich ist, sollte nicht alleine vom Kardiologen oder Herzchirurgen, sondern interdisziplinär unter Einbeziehung des Diabetologen, des Hausarztes und natürlich des Patienten getroffen werden.

Dr. med. Anja Lütke, freie Mitarbeiterin von Diabetes-Deutschland.de
Prof. Dr. med. W. A. Scherbaum, Direktor der Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Rheumatologie des Universitätsklinikums Düsseldorf

Quelle: The BARI 2D Study Group. A Randomized Trial of Therapies for Type 2 Diabetes and Coronary Artery Disease. N Engl J Med 2009; 360: 2503-15. Results presented at the American Diabetes Association 69th Scientific Sessions in New Orleans, LA, June 7, 2009

Diabetes Editorial
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