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Bedenken gegen Vitamin-Pillen

20.05.2009 Vitamin-Präparate mit Antioxidantien wie Vitamin C und E erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Immer öfter werden Stimmen von Kritikern laut, die in dem „Vitaminpillen-Boom“ auch Gefahren sehen. Eine aktuelle Untersuchung aus Deutschland teilt diese Bedenken: Die regelmäßige Einnahme von hochdosierten Vitamin-Präparaten verhinderte einen der wichtigsten Positiv-Effekte von Sport – die Zunahme der Insulinempfindlichkeit. Dies hat vor allem für Typ 2 Diabetiker und diabetesgefährdete Menschen Konsequenzen.

Präparate mit den Vitaminen C und E sind „in“ – verständlicherweise: Die Vitamine gelten als Antioxidantien, die aggressive freie Radikale im Körper abfangen und unschädlich machen. Freie Radikale entstehen bei allen Stoffwechselabläufen im Körper. Das Problem: Sie können Strukturen im Körper schädigen und stehen in Verdacht, Arteriosklerose, Krebs und Alterungsprozesse zu fördern. Auf der anderen Seite helfen freie Radikale bei der Abwehr von Krankheitserregern, indem sie Bakterien und andere Fremdstoffe zerstören.

Obst und Gemüse, die reich an natürlichen Antioxidantien sind, haben schon mehrfach ihren Nutzen für die Gesundheit unter Beweis gestellt. Skeptiker bezweifeln allerdings, dass sich dies allein auf die enthaltenen Vitamine zurückführen lässt: Auch die so genannten sekundären Pflanzenstoffe scheinen einen antioxidativen Beitrag zu leisten. Für Vitaminpillen, die diese sekundären Pflanzenstoffe nicht enthalten, bleibt die genaue Wirkung nach wie vor unklar.

Wissenschaftler von den Universitäten Jena und Leipzig haben in Zusammenarbeit mit der Harvard Medical School (USA) ein interessantes Experiment zum Thema Vitaminpillen durchgeführt. Das Team um den Studienleiter Michael Ristow untersuchte 39 gesunde junge Männer (Alter: 25-35 Jahre) vor und nach einem 4-wöchigen Sportprogramm (85 Min. täglich, 5 Mal pro Woche). Eine Hälfte der Versuchspersonen erhielt in dieser Zeit zusätzlich Vitaminpräparate mit täglich 1000 mg Vitamin C und 400 IE Vitamin E. Die andere Hälfte der Sportler bekam keine Vitaminzusätze.

Das spannende Ergebnis: Nach dem 4-wöchigen Sportprogramm hatte sich die Insulinempfindlichkeit verbessert – allerdings nur bei den Männern, die keine (!) Vitaminpillen eingenommen hatten. Dieses Ergebnis erreichte statistische Signifikanz (p < 0,001). Für die Messung der Insulinempfindlichkeit wurde der sehr aussagekräftige hyperinsulinämische euglykämische Clamp-Test eingesetzt.

Die Abnahme der Insulinempfindlichkeit der Zellen (Insulinresistenz) ist eine wesentliche Krankheitsgrundlage des Typ 2 Diabetes. Es ist bekannt, dass regelmäßiger Sport die Insulinempfindlichkeit deutlich erhöht und damit einem Typ 2 Diabetes entgegenwirkt. Die gleichzeitige Einnahme von hochdosiertem Vitamin C und E scheint diesen günstigen (und wichtigen) Effekt der körperlichen Aktivität aufzuheben.

Das FAZIT der Wissenschaftler: Kurzfristiger oxidativer Stress im Rahmen von Sport könnte zur Verbesserung der Insulinempfindlichkeit beitragen. Vitaminpillen mit hochdosierten Antioxidantien wie Vitamin C und E scheinen diesen günstigen Effekt zu verhindern. In einem nächsten Schritt müssen die Ergebnisse nun in größeren Studien bestätigt werden.

 

Dr. med. Anja Lütke, freie Mitarbeiterin von Diabetes-Deutschland.de

Quelle: Ristow M, Zarse K, Oberbach A et al. Antioxidants prevent health-promoting effects of physical exercise in humans. PNAS 2009; doi: 10.1073/pnas.0903485106

 

Hier geht es zum Expertenkommentar (Priv.-Doz. Dr. Holger Steinbrenner, Düsseldorf)

Diabetes Editorial
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