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Lohnt sich eine intensive Frühbehandlung bei Patienten mit Typ 2-Diabetes?

14.10.2011 Patienten mit bekanntem Diabetes mellitus profitieren von einer intensiven multifaktoriellen Therapie. Doch wie ist der Behandlungseffekt bei Patienten, deren Diabetes erstmals im Rahmen einer Vorsorgeuntersuchung entdeckt wurde?

In der bereits mehrfach publizierten Steno-2-Studie profitierten Patienten mit Typ 2-Diabetes und Mikroalbuminurie (Nierenschädigung) von einer multifaktoriellen Intervention einschließlich Lebensstilmaßnahmen, körperlicher Aktivität und Diät sowie scharfer Einstellung von Blutdruck, Blutfetten und Blutzucker. Die so behandelten Patienten hatten nach 5 bis 8 Jahren deutlich weniger Komplikationen als die Kontroll-Gruppe bezüglich Nephropathie, Retinopathie, Herzinfarkte und Schlaganfälle. In der jetzt publizierten ADDITION-Europe-Studie sollte nun geprüft werden, ob auch Patienten mit einem durch Vorsorgeuntersuchung neu entdeckten Typ 2-Diabetes von einer solchen intensiven Intervention profitieren.

Die Studie: Nach einem Zufallsprinzip wurden 343 Allgemeinarzt-Praxen in Dänemark, den Niederlanden und Großbritannien ausgewählt und gebeten, alle Patienten ihrer Praxis im Alter zwischen 40 und 69 Jahren ohne bekanntem Diabetes auf einen Diabetes zu testen. Die Patienten mit neu entdecktem Typ 2-Diabetes wurden nun je nach Praxis entweder einer Standardbehandlung unterzogen oder intensiv behandelt, letztere mit dem Ziel, den HbA1c-Wert zwischen 6,5 und 7,0%, den Blutdruck zwischen 120/80 und 135/85 mm Hg und das Gesamt-Cholesterin auf 3,5 bis 5,0 mmol/l einzustellen.
Durch das Screening wurden 3.233 Patienten mit Typ 2-Diabetes neu entdeckt und 3.057 waren bereit, an der Studie teilzunehmen. Das mittlere Alter betrug etwa 60 Jahre und die mittlere Beobachtungszeit der Studie betrug 5,3 Jahre. Kardiovaskuläre Ereignisse (Herzinfarkt, Schlaganfall, Revaskularisation, nicht traumatische Amputation oder kardiovaskulärer Todesfall) traten in der intensiv behandelten Gruppe in 7,2% und in der Standardgruppe in 8,5% der Fälle auf. Die Sterberate betrug in der intensiv behandelten Gruppe 6,2% und in der Standardgruppe 6,7%. Diese Unterschiede waren nicht signifikant.

Kommentar: Auch wenn die Unterschiede zwischen der Standardgruppe und der intensiv behandelten Gruppe nicht signifikant waren, so hat sich bei beiden Patientengruppen dennoch die Vorsorgeuntersuchung auf Diabetes sehr gelohnt. In der Studie hat sich nämlich gezeigt, dass auch Blutdruck und Blutfette bei den meisten Patienten mit neu entdecktem Diabetes bisher nicht gut eingestellt waren, so dass sowohl die Standardgruppe als auch die Gruppe mit intensiver Behandlung von der Studie profitiert haben.

Dies erklärt auch, warum bei der relativ kurzen Beobachtungsdauer von 5 Jahren kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den beiden Gruppen gefunden worden ist. Möglicherweise würde es also ausreichen, wenn man die Diagnose Diabetes rechtzeitig stellt und die Patienten dann entsprechend dem aktuellen medizinischen Standard behandelt. Die Studie kann natürlich keine Auskunft darüber geben, ob sich eine Vorsorgeuntersuchung auf Diabetes ökonomisch rechnet. Medizinisch rechnet sich die Vorsorgeuntersuchung für die Patienten aber allemal.

Quelle: Griffin SJ et al.: Effect of early intensive multifactorial therapy on 5-year cardiovascular outcomes in individuals with type 2 diabetes detected by screening (ADDITION-Europe): a cluster-randomised trial. Lancet. 2011, 378 (9786): 156-67.

 

Autor: Prof. Dr. med. W.A. Scherbaum, Direktor der Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Rheumatologie, Universitätsklinikum Düsseldorf, Moorenstr. 5, 40225 Düsseldorf.

 

Siehe auch:

Yoga zur Behandlung des Typ 2-Diabetes
Diabetes-Beraterinnen verbessern die Behandlungserfolge bei Diabetes

 


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