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Low-carb-Ernährung beim Diabetes - Sinn oder Unsinn?

12.11.2010 Es existieren nur sehr wenige Studien zu den längerfristigen Auswirkungen einer kohlenhydratarmen Ernährung bei Personen mit Diabetes. Dennoch möchten Menschen mit Diabetes gern wissen, ob „low-carb“ die Gewichtsabnahme erleichtert oder die Blutzuckerkontrolle unterstützt? Und wenn weniger Kohlenhydrate – was stattdessen?

„Low-carb“ oder auch „High-carb“ sind bisher nicht klar definiert. Selbst in wissenschaftlichen Veröffentlichungen sprechen manche Autoren von „low-carb“ bei einer Kohlenhydratmenge von weniger als 45 % der täglichen Energieaufnahme, während für andere „low-carb“ bei einer Kohlenhydratmenge von nur 20 Gramm liegt und sich danach auf 60 oder 90 Gramm steigern kann (sog. Atkins-Kost).

Was bedeutet das für Menschen mit Diabetes?
Kann eine Senkung der Kohlenhydratmenge in der Kost:

  • • die Gewichtsabnahme erleichtern?
    • Risikofaktoren für Gefäßschäden vermindern?
    • die Blutzuckerkontrolle unterstützen?
    • Und wenn weniger Kohlenhydrate – was stattdessen?

Wie ist die wissenschaftliche Datenlage beim Diabetes?
Die Verminderung der Energieaufnahme (weniger Kalorien) in der Kost hat für die Gewichtskontrolle eine hohe Bedeutung. Eine Einschränkung des Kohlenhydratverzehrs kann dagegen positive und negative Wirkungen haben:

  • • das Serum-Cholesterin und das LDL-Cholesterin erhöhen, was unerwünscht ist
    • die Triglyzeridspiegel senken, was bei Patienten mit erhöhten Werten wünschenswert ist
    • die Insulinspiegel vermindern, was bei einer Insulinresistenz positiv wäre
    • die Blutzuckerspiegel insbesondere nach der Mahlzeit mindern, was bei zu hohen Werten günstig wäre
    • eine Ernährung nach der LOGI-Methode behindern
    • eine wünschenswerte Ballaststoffaufnahme verhindern.

Eine generelle Empfehlung zu einer „low-carb“-Kost bei Diabetes ist wissenschaftlich nicht begründet. Denn neben der Kohlenhydratmenge spielt außerdem die Kohlenhydratauswahl eine wesentliche Rolle in der Ernährung bei Diabetes. Je nach Therapieproblem gilt es, die Kohlenhydratmenge und die Art der Kohlenhydrate anzupassen:

Folgende Beispiele sollen dies veranschaulichen:

  1. Bei zu niedrigen Blutzuckerwerten: Aufnahme von rasch wirksamen Kohlenhydraten notwendig.
  2. Bei zu hohen Blutzuckerwerten: Verminderung der Kohlenhydratmenge oder Wahl eines Lebensmittels mit hohem Ballaststoffanteil und niedrigem Glykämischen Index (falls die zu hohen BZ-Werte nicht medikamentös ausgeglichen werden).
  3. Bei hohen Triglyzeridwerten: Kohlenhydratreduktion (besonders von Zucker bzw. Fruchtzucker), Bevorzugung von ballaststoffreichen Lebensmitteln.

Kommentar: Die Diabetes-Fachgesellschaften empfehlen eine Kohlenhydratmenge zwischen 45% und 60% der täglichen Energieaufnahme. Bei den Ernährungsgewohnheiten in Deutschland liegt die Kohlenhydrataufnahme derzeit bei 40% bis 45% des täglichen Kalorienverzehrs. Eine weitere Absenkung ist daher nicht wünschenswert.
Eine Verminderung der Kohlenhydrate geht häufig mit einer Erhöhung von ungünstigen Fetten (gesättigte Fette, Transfette) einher. Ein höherer Konsum von (günstigen) ungesättigten Fetten läßt sich bei unseren Ernährungsgewohnheiten und dem Nahrungsangebot nicht leicht umsetzen. Quellen für günstige, vor allem auch einfach ungesättigte Fettsäuren sind z.B. pflanzliche Öle wie Rapsöl oder Olivenöl.
Eine Verminderung der Kohlenhydrate lässt sich bei den Eßgewohnheiten in Deutschland auch nicht ohne weiteres durch eine höhere Eiweißaufnahme ausgleichen. Die überwiegende Anzahl der eiweißhaltigen Lebensmittel ist gleichzeitig fettreich, mit einem überwiegenden Anteil gesättigter Fette. Lebensmittel, die eiweißreich aber gleichzeitig fettarm sind, sind nicht leicht verfügbar.

Autor: Dr. med. Monika Toeller, Ärztin für Innere Medizin, Diabetologin DDG, Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Rheumatologie, Universitätsklinikum Düsseldorf

 

Siehe auch:

Keine speziellen Diabetes-Lebensmittel mehr – Was bedeutet das konkret?
Gewichtsabnahme: Welche Maßnahmen sind wirksam?
Low carb-Ernährung bei Diabetes?

Fragen an Frau Dr. Toeller zur Ernährung bei Diabetes

Diabetes Editorial
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