Diabetes Deutschland

 

Das Metabolische Syndrom

Ein Typ-2-Diabetes wird erst diagnostiziert, wenn die Zuckerwerte im Blut dauerhaft zu hoch sind. Tatsächlich beginnt die Erkrankung meist viel früher mit dem Metabolischen Syndrom.

Vor Ausbruch des Typ-2-Diabetes liegen meist schon Jahre vorher eine oder mehrere der folgenden Störungen vor:

  1. eine Insulinresistenz,
  2. Übergewicht (v. a. im Bauchbereich),
  3. schlechte Fettwerte (zu hohe Triglyzerid-Spiegel und zu wenig vom gefäßschützenden HDL-Cholesterin) und/oder
  4. ein Bluthochdruck.

 

Jede einzelne dieser Gesundheitsstörungen erhöht für sich genommen das Risiko für einen Typ-2-Diabetes und für Herz-Kreislauferkrankungen mit gefährlichen Folgen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall.

Auffällig ist, dass die genannten Risiken sehr oft gemeinsam auftreten. Da sie offenbar eng miteinander verknüpft sind und wahrscheinlich sogar eine gemeinsame Ursache haben, werden diese Gesundheitsstörungen unter dem Begriff Metabolisches Syndrom zusammengefasst. Das Metabolische Syndrom gilt als Vorstufe des Typ-2-Diabetes, alle seine Merkmale hängen eng mit dem Problem Übergewicht zusammen. Vor allem die übermäßige Fettansammlung im Bauchbereich spielt hier eine bedeutende Rolle.

Hinter dem Metabolischen Syndrom verbirgt sich eine tückische Konstellation: Zum einen entwickelt sich das Vollbild des Syndroms langsam und unauffällig und wird daher oft über viele Jahre nicht erkannt. Andererseits geht das Metabolische Syndrom bereits von Anfang an mit einem hohen Risiko für Gefäßkomplikationen und später auch für den Typ-2-Diabetes einher.

Für alle vier Hauptrisiken des Metabolischen Syndroms – Insulinresistenz, stammbetonte Fettsucht, Fettstoffwechselstörung und Bluthochdruck – findet sich eine familiäre Häufung. Mehrere Studien bei Betroffenen liefern Hinweise für umschriebene Veränderungen auf bestimmten Genen. Bisher wurde jedoch noch kein einzelner Gen-Defekt gefunden, der für das Metabolische Syndrom spezifisch ist.

Zum Tragen kommen die einzelnen „vererbten“ Komponenten des Metabolischen Syndroms in der Regel erst unter dem Einfluss bestimmter Umweltfaktoren. Dazu gehören insbesondere eine unausgewogene (zu viel Fett und zu wenig Ballaststoffe) und zu kalorienreiche Ernährung, der Mangel an körperlicher Aktivität, Rauchen und auch „negativer“ Stress. Schätzungen gehen davon aus, dass rund 25% – d. h. ein Viertel (!) – der deutschen Bevölkerung im Laufe ihres Lebens ein Metabolisches Syndrom entwickeln.

Nach einer Definition der Internationalen Diabetes-Föderation (IDF, 2005) liegt ein Metabolisches Syndrom vor, wenn der Bauchumfang bei Männern mehr als 94 cm bzw. bei Frauen mehr als 80 cm beträgt und mindestens 2 weitere der folgenden Störungen/Bedingungen vorliegen:

  1. Erhöhte Triglyzeridwerte (mindestens 150 mg/dl bzw. 1,7 mmol/l) bzw. eine bereits eingeleitete Behandlung zur Absenkung der Triglyzeride.
  2. Zu niedriges HDL-Cholesterin (Männer: weniger als 40 mg/dl bzw. 1,03 mmol/l; Frauen: weniger als 50 mg/dl bzw. 1,29 mmol/l) bzw. eine bereits eingeleitete Therapie zur Anhebung des HDL-Cholesterins.
  3. Bluthochdruck (systolisch mehr als 130 mmHg oder diastolisch mehr als 85 mmHg) bzw. eine bereits behandelte Hypertonie.
  4. Erhöhte Nüchtern-Blutglukosespiegel (mehr als 100 mg/dl bzw. 5,6 mmol/l) oder ein bereits diagnostizierter Typ-2-Diabetes.

Insulinresistenz

Bei Insulinresistenz kann das lebenswichtige Hormon Insulin seine vielfältigen Wirkungen im Körper nicht mehr richtig entfalten. Da Insulin den Zuckerhaushalt (= Glukosehaushalt), die Gefäßfunktion, den Fettstoffwechsel und zahlreiche weitere Stoffwechselprozesse beeinflusst, wird die herabgesetzte Ansprechbarkeit auf das Hormon – die so genannte Insulinresistenz – im Mittelpunkt des Metabolischen Syndroms gesehen.

Zum einen erhöht Insulinresistenz für sich genommen das Risiko für einen Typ-2-Diabetes und für Herz-Kreislauferkrankungen. Zum anderen ist Insulinresistenz ein Mitverursacher anderer Störungen, wie z. B. schlechte Fettwerte und Bluthochdruck. Auch die bei Typ 2 Diabetikern oft beobachtete übermäßige Gerinnungsneigung mit schlechteren Fließeigenschaften des Blutes kann eine Folge der Insulinresistenz sein.

Das Risiko für eine Insulinresistenz wird zum großen Teil vererbt. Zum Tragen kommt die Insulinresistenz aber erst, wenn entsprechende Umweltbedingungen hinzukommen: Hierzu gehören in erster Linie eine fettreiche Ernährung, Übergewicht und Bewegungsmangel. Ein wichtiger Hinweis auf Insulinresistenz ist der übermäßige Fettansatz im Bauchbereich.

Übergewicht

Um einzuschätzen, ob jemand unter-, normal- oder übergewichtig ist, wird üblicherweise der BMI (Body Mass Index oder Körpermassenindex) errechnet: Er gibt das Verhältnis von Körpergewicht zu Körpergröße an. In die Kategorie „normalgewichtig“ fallen BMI-Werte zwischen 18,5 und 25 kg/m2. Alles, was über 25 liegt, gilt als übergewichtig. Werte von 30 und mehr sprechen für starkes Übergewicht (= Adipositas).

So wird der BMI errechnet:

BMI =  Körpergewicht [kg] : Körpergröße [m]2
           
Einfacher geht die Bestimmung mit dem folgenden BMI-Rechner:
 
http://modul.diabetes.uni-duesseldorf.de/bmi/bmi.php?action=reset&scroll=0

Als besonders gesundheitsschädlich gilt das Übergewicht im Bauchbereich: Hier werden sehr viele Substanzen ausgeschüttet, die eine Insulinresistenz fördern. Für die Risikoeinschätzung kann es daher auch sinnvoll sein, den Bauchumfang zu messen (hierfür wird ein Maßband auf Höhe des Bauchnabels angelegt):

  1. Für Frauen gilt: Ab einem Bauchumfang von 80 cm liegt eine Gefährdung, ab 88 cm eine deutliche Gefährdung vor.
  2. Für Männer gilt: Ab einem Bauchumfang von 94 cm liegt eine Gefährdung, ab 102 cm eine deutliche Gefährdung vor.

Ein weiterer, in der Medizin häufig verwendeter Messwert zur Erfassung der Fettverteilung ist der so genannte Taille/Hüft-Quotient (Waist to Hip Ratio = WHR). Hierzu werden Taillen- und Hüftumfang gemessen und durcheinander dividiert. Ein Taille-Hüft-Quotient von mehr als 1,0 bei Männern bzw. von mehr als 0,85 bei Frauen ist mit einem hohen Risiko für das Metabolische Syndrom verbunden.

Fettstoffwechselstörungen

Über- oder unterschreiten verschiedene Fette und Fett-Transportformen bestimmte Normalwertbereiche im Blut, kann dies zu erheblichen Schäden an den Gefäßen führen.

Beim Metabolischen Syndrom findet sich meist eine erhöhte Konzentration freier Fettsäuren im Blut. Diese stammen zum großen Teil aus den Fettdepots im Bauchbereich. Die vermehrt freigesetzten Fettsäuren gelangen zur Leber, wo sie zum Aufbau von Triglyzeriden genutzt werden. Triglyzeride wirken in hoher Konzentration gefäßschädigend.

Einen Teil der überzähligen Triglyzerid-Fette verpackt die Leber in eine gefährliche Transportform – es entstehen besonders kleine, dichte und schwere LDL-Cholesterin-Teilchen, die als Small Dense LDL bezeichnet werden. Diese kleinen Teilchen sind für die Gefäße noch weitaus schädlicher als das normale LDL-Cholesterin. Das gefäßschützende HDL-Cholesterin ist beim Metabolischen Syndrom hingegen häufig zu niedrig.

Dies ist eine typische Konstellation beim Metabolischen Syndrom:

  1. Triglyzerid-Spiegel im Blut erhöht,
  2. HDL-Cholesterin erniedrigt,
  3. LDL-Cholesterin erhöht.

 

Bluthochdruck

= Hypertonus, arterielle Hypertonie.

Ein typisches Merkmal und oft erstes „fassbares“ Zeichen des Metabolischen Syndroms ist der Bluthochdruck. Durch den ständig überhöhten Druck in den Blutadern werden die Gefäßwände nachhaltig geschädigt, Gefäßverkalkungen (Arteriosklerose) gefördert und das Herz belastet. Der Bluthochdruck ist einer der wichtigsten Risikofaktoren für die Entstehung von Herz-Kreislauferkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall.

Weitere Merkmale

Außer den vier genannten Hauptrisiken gibt es eine Vielzahl weiterer Herz-Kreislauf-Risikofaktoren, die oft gemeinsam mit dem Metabolischen Syndrom auftreten. Hierzu gehören zum Beispiel:

  1. Störungen der Blutgerinnung mit erhöhter Gerinnungsneigung (hierdurch kann der Blutfluss beeinträchtigt werden; für bestimmte Gerinnungsfaktoren wurde eine direkte gefäßschädigende Wirkung nachgewiesen).
  2. Vermehrte Ausscheidung des Eiweißes Albumin im Urin (Mikroalbuminurie oder Makroalbuminurie).
  3. Erhöhte Harnsäure-Spiegel im Blut (Hyperurikämie)
  4. Erhöhung verschiedener Entzündungsmarker im Blut (z. B. C-reaktives Protein oder Interleukin-6).


zurück zu Wer ist gefährdet? Übersicht

Diabetes Risikotest - Teste Dich selbst!
Schwangerschaft - Alles zu Diabetes während der Schwangerschaft!