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Schwerpunkt: Endokrinologie / Diabetologie

Insulinom


Definition:
Das Insulinom ist ein Tumor der insulinproduzierenden Beta-Zellen der Pankreas.

Epidemiologie des Insulinoms:
Die Häufigkeit des Insulinoms beträgt 1-4 Fälle pro 1 Million Einwohner. Der Altersgipfel der Insulinome liegt im 5. bis 6. Lebensjahrzehnt. Das Insulinom ist der häufigste endokrine Tumor des Pankreas. Die Verteilung der Inselzelltumoren ist wie folgt: Insulinome 50%, Gastrinome 30%, VIPome 10-15%, Glukagonom, Somatostatinom und andere 5%.

Pathophysiologie und Pathomorphologie des Insulinoms
Autonome Sekretion von Insulin durch den Tumor. Insulinome können spontan oder auch im Rahmen einer multiplen endokrinen Neoplasie Typ 1 (MEN 1) auftreten. Das Insulinom ist zu 40% im Pankreaskopf oder Processus uncinatus, zu 30% im Pankreaskorpus und zu 30% im Pankreasschwanz lokalisiert. Die Tumoren sind meist  nicht größer als 2 cm. Sie können an einer einzigen Stelle oder auch multipel im Pankreas auftreten. Bei multiplen Insulinomen liegt meist ein MEN Typ 1 vor. Etwa 50% der Insulinome produzieren auch andere gastrointestinale Hormone wie Gastrin, Glukagon, Somatostatin, pankreatisches Polypeptid oder ACTH, Serotonin und CRH.

Symptomatik
Typisch beim Insulinom ist die Spontan-Hypoglykämie, insbesondere im Hungerzustand. Bei ausgeprägter Hypoglykämie können Bewusstseinsstörungen bis hin zum Koma oder auch Synkopen auftreten.

Autonome Symptome von Hypoglykämien sind: Zittern, Schweißausbruch, Tachykardie, Blutdruckanstieg, Angst, innere Unruhe, Hyperventilation und Wärmegefühl.

Neuroglykopenische Symptome von Hypoglykämien sind: Schwindel, Kopfschmerz, Verwirrtheit bzw. inadäquates Verhalten, Denk- und Sprechstörungen, Konzentrationsschwäche, Krämpfe, Hypothermie sowie in schweren Fällen auch Atem- und Kreislaufinsuffizienz.

Weitere Symptome beim Insulinom: Hunger, Übelkeit, Erbrechen, Sehstörungen und Benommenheit.

Diagnostik des Insulinoms
Durch das Insulinom verursachte Hypoglykämien können zum Beispiel im Straßenverkehr lebensgefährliche Folgen haben. Die Abklärung und genaue Analyse der Unterzuckerungen ist unbedingt erforderlich, um einen adäquaten Behandlungsplan erstellen zu können. Goldstandard der Diagnostik ist der Hungerversuch mit regelmäßiger Bestimmung von Blutglukose und Insulin sowie Proinsulin im Serum. Beweisend für ein Insulinom ist der Nachweis einer deutlichen Insulinsekretion bei gleichzeitig bestehender Hypoglykämie.

Lokalisationsdiagnostik und deren Sensitivität:

Verfahren Sensitivität (in %)
Intraoperative Sonographie 90-100
Intraoperative Palpation 90-100
Endo-Sonographie 82-100
Sonographie 40-56
Computertomographie 25-70
Kernspintomographie 25-35
Somatostatinrezeptor-Szintigraphie 0-20

Eine durch Insulin induzierte (artifizielle) Hypoglykämie kann durch Bestimmung des C-Peptid-Spiegels ausgeschlossen werden, da C-Peptid mit dem körpereigenen Insulin co-sezerniert wird, aber nicht in Insulinpräparaten enthalten ist. Hypoglykämien, die durch Sulfonylharnstoffe oder andere Medikamente hervorgerufen werden, sind durch den Nachweis dieser Substanzen im Blut oder im Urin zu belegen.

Die Differentialdiagnose der spontan auftretenden Hypoglykämie umfasst unter anderem die artifizielle Hypoglykämie durch Insulinzufuhr oder orale Antidiabetika (insbesondere Sulfonylharnstoffpräparate), die Nebennierenrindeninsuffizienz, die schwere Leber- oder Niereninsuffizienz, die hereditäre Fruktoseintoleranz, das Insulin-Autoimmunsyndrom, große Tumoren nicht-pankreatischen Ursprungs, Glykogenspeicherkrankheiten und Störungen der Glukoneogenese (z.B. bei Fruktose 1-6-Diphosphatasemangel).

Therapie des Insulinoms
Die Therapieplanung sollte unbedingt in einem endokrinologischen Zentrum erfolgen. Therapie der Wahl ist die operative und möglichst weitreichende Entfernung des Tumors. Ebenso müssen assoziierte Lymphknoten und eventuelle Lebermetastasen radikal entfernt werden. Die konservative Therapie des Insulinoms umfasst Somatostatin-Analoga, Diazoxid, Chemotherapie, Interferon sowie diätetische Maßnahmen (häufige Mahlzeiten über den Tag verteilt). Für schwere, nicht operable Fälle oder bei Patienten mit Metastasen bietet unsere Klinik eine besondere Therapieoption: die Behandlung mit dendritischen Zellen, die man aus dem körpereigenen Blut gewinnt. Diese Zellen werden im Labor „trainiert“, damit sie die speziellen Tumorzellen im Körper erkennen und diese zerstören.

Cave: Abklärung und Therapie eines Insulinoms sollten unbedingt in einem endokrinologischen Zentrum erfolgen.

Autor:  Professor Dr. med. W.A. Scherbaum
Direktor der Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Rheumatologie
des Universitätsklinikums Düsseldorf
Für weitere Informationen: scherbaum@uni-duesseldorf.de

Quelle: www.insulinom.info