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Schwerpunkt: Endokrinologie / Diabetologie

Hypophyseninsuffizienz


Definition
Die Hypophyseninsuffizienz ist eine Unterfunktion bzw. der komplette oder teilweise Ausfall einer oder mehrerer Funktionen des Hypophysenvorderlappens (HVL) und/oder Hypophysenhinterlappens (HHL). Man spricht entweder von einer Globalinsuffizienz oder von einer Partialinsuffizienz der Hypophyse. Unterschieden werden die primäre HVL-Insuffizienz in Folge einer direkten Beeinträchtigung der HVL-Zellen durch einen Krankheitsprozess und eine sekundäre HVL-Insuffizienz in Folge einer sekundären Beeinträchtigung der HVL-Funktion. Letztere kann hervorgerufen werden durch Läsionen des Hypophysenstiels, Erkrankungen des Hypothalamus oder Störungen des zentralen Nervensystems.

Epidemiologie der Hypophyseninsuffizienz
Die Häufigkeit beträgt 2-10 Fälle pro 100.000 Einwohner pro Jahr.

Symptomatik
Das klinische Bild der Hypophyseninsuffizienz ist variabel, entsprechend dem Ausmaß der im Einzelnen ausgefallenen Hormone, bis hin zu lebensbedrohlichen Zuständen. Die extremste Form der Hypophyseninsuffizienz ist das hypophysäre Koma.

Diagnostik der Hypophyseninsuffizienz
Die Diagnostik sollte unbedingt in einem endokrinologischen Zentrum erfolgen. Die einzelnen Partialfunktionen werden durch biochemische Messungen der Hypophysenhormone im Blut bestimmt. Bei Verdacht auf Hypophyseninsuffizienz sind Stimulationstests erforderlich.

Die gonadotrope Achse wird durch den GnRH-Test gemessen. Dabei werden 0,1 mg GnRH i.v. verabreicht. Physiologischerweise sollten LH und FSH nach 30 Minuten auf mindestens das 2-fache des Basalwertes ansteigen. Die laktotrophe Achse wird durch den TRH-Test bestimmt. Dabei verabreicht man 0,2 mg TRH i.v. Der Prolaktinanstieg nach 30 Minuten sollte mindestens das 2-fache des Basalwertes betragen.

Die corticotrophe Achse wird durch verschiedene Tests bestimmt:
CRH-Test mit Gabe von 1 µg CRH/ kg Körpergewicht i.v. Der ACTH-Anstieg nach 10-60 Minuten sollte mindestens das 2-fache des Ausgangswertes betragen.

Insulinhypoglykämietest durch Gabe von 0,15 E Insulin/kg Körpergewicht i.v. Bei einer ausgelösten Hypoglykämie muss das ACTH auf 70-100 pg/ml  und der Serum-Cortisolspiegel auf über 20 mg/dl ansteigen. Beim Metopiron-Test werden um 24 Uhr 2-3 g Metopiron verabreicht. Am nächsten Morgen um 08:00 Uhr misst man den ACTH-Wert. Der Anstieg sollte mehr als das Doppelte des Wertes vom Vortag betragen.

Die somatotrope Achse wird durch verschiedene Belastungstests gemessen:
Körperliche Belastung über 5 Minuten. Dabei sollte das STH auf über 10 ng/ml ansteigen.
Im GHRH-Test werden 1 µg GHRH/kg Körpergewicht i.v. verabreicht. Nach 30-60 Minuten sollte ein STH-Anstieg auf über 10 ng/ml erfolgen.

Im Insulin-Hypoglykämietest werden 0,15 E/kg Körpergewicht i.v. gegeben. Wenn der Blutzucker auf unter 3 mmol/l abfällt, sollte das STHauf über 10 ng/ml ansteigen.

Zur Diagnostik der Hypophysenhinterlappen-Insuffizienz (Diabetes insipidus) wird auf das entsprechende Kapitel verwiesen.

Therapie der Hypophyseninsuffizienz
Die Therapieplanung muss unbedingt in einem endokrinologischen Zentrum erfolgen. Um den Hormonmangel durch Ausfall der hypophysären Releasinghormone auszugleichen, werden die entsprechenden peripheren Hormone verabreicht. Ausnahme ist das Wachstumshormon.

Die Substitutionsbehandlung der sekundären Nebennierenrinden(NNR-)insuffizienz (Ausfall von ACTH) erfolgt durch Hydrocortison 15-20 mg/Tag, z.B. morgens 15 mg und mittags 5 mg. Bei Stresssituationen wie fieberhafte Infekte, Narkose, Unfälle, Operationen, muss die 2-6-fache Dosis verabreicht werden.
Substitution der sekundären Hypothyreose durch L-Thyroxin 100-150 µg/Tag.
Substitution des sekundären Hypogonadismus bei Frauen durch ein Östrogen-/Gestagen-Präparat.
Bei Männern Testoviron-Depot alle 3 Wochen 250 mg i.m. oder Andriol 80-120 mg/Tag oral.
Bei Wachstumshormonmangel, insbesondere im Wachstumsalter, Verabreichen von rekombinantem humanen Wachstumshormon intramuskulär, und zwar 3 x 2-3 IE /Woche.

Cave: Abklärung und Therapie einer Hypophyseninsuffizienz sollten unbedingt in einem endokrinologischen Zentrum erfolgen.

Autor:  Professor Dr. med. W.A. Scherbaum
Direktor der Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Rheumatologie
des Universitätsklinikums Düsseldorf
Für weitere Informationen: scherbaum@uni-duesseldorf.de

Quelle: www.hypophysen-insuffizienz.de